Keine Freelancer-Piloten mehr!

BSG, Urteil vom 23.4.2024 (B 12 BA 9/22 R)

Als der Richterwahlausschuss des Deutschen Bundestages am 19.10.2023 mit Dr. Christine Fuchsloch die neue Präsidentin des Bundessozialgerichts wählte, war dies bei sicherlich nicht wenigen Unternehmen, Selbständigen und Beratern mit der leisen Hoffnung verbunden, der in den letzten Jahren unter dem scheidenden Präsidenten Prof. Dr. Rainer Schlegel eingeschlagene Kurs zur Frage der Sozialversicherungspflicht könnte seine Richtung, ja sogar sein angesteuertes Ziel (sofern es ein solches gibt) ändern.

Insoweit dürften zwischenzeitlich allerdings alle Beteiligten auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt worden sein. Hat die neue Präsidentin nicht nur direkt kundgetan, dass “𝘮𝘪𝘵 𝘚𝘰𝘻𝘪𝘢𝘭𝘳𝘦𝘤𝘩𝘵 𝘢𝘭𝘭𝘦 𝘦𝘵𝘸𝘢𝘴 𝘻𝘶 𝘵𝘶𝘯 𝘩𝘢𝘣𝘦𝘯“, sondern auch der 12. Senat hat in einem ganz aktuellen Urteil deutlich Stellung bezogen: 𝐊𝐞𝐢𝐧𝐞 𝐅𝐫𝐞𝐞𝐥𝐚𝐧𝐜𝐞𝐫-𝐏𝐢𝐥𝐨𝐭𝐞𝐧 𝐦𝐞𝐡𝐫!

Zwar ist dies angesichts der Tendenzen der letzten Jahre nicht allzu überraschend, hat das BSG einer Selbständigkeit in vielen Branchen (etwa den Pflegekräften, den Honorarärzten oder den Zahnärzten) zuletzt einen Riegel vorgeschoben. Besonders ist die jüngste Entscheidung dennoch, denn es handelt sich um eine 180-Grad Wende im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung. Wenngleich diese schon beinahe 16 Jahre in der Vergangenheit liegt, wurde seinerzeit in Kassel festgestellt, dass bei einer Fluggesellschaft als sog. Freelancer tätige Flugzeugführer nicht abhängig beschäftigt, sondern selbständig sind (BSG, Urt. v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R).

Ausweislich des aktuell vorliegenden Terminberichts will das BSG den Weg in die Selbständigkeit von Freelancer-Piloten dadurch versperrt sehen, dass im Einzelfall nicht ausreichend Raum für eine unternehmerische Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit mit entsprechenden Chancen und Risiken verbleibe. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass für jeden einzelnen Flug Einzelbeauftragungen abgeschlossenen worden seien. Ganz im Gegenteil: Von wesentlicher Bedeutung sei gewesen, dass der “Dienstleister” keine eigenen Betriebsmittel genutzt, sondern das für die Dienstleistung unentbehrliche Flugzeug ohne Nutzungsentgelt oder Auswahlmöglichkeit kostenfrei bereit gestellt bekommen habe.

𝐖𝐚𝐬 𝐛𝐥𝐞𝐢𝐛𝐭?

Wird beabsichtigt, Flugleistungen auf Basis einer selbständigen Tätigkeit zu erbringen, ist man gut beraten, idealerweise ein eigenes Flugzeug vorzuhalten … 🙈 Ist dies keine Option, gilt (leider) auch für dieses Berufsbild: Risiken abwägen und im Zweifel eher eine andere vertragliche Ausgestaltung anvisieren!

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Maximilian Lachmann