Am 10. Januar 2023 hatte der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf die Revision der Staatsanwaltschaft das Urteil des Landgericht Braunschweig vom 28.09.2021 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hatte die Angeklagten, zwei frühere Vorstände für den Bereich Personal und zwei frühere Personalleiter der Volkswagen AG, vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Gegenstand des Urteils war die Gewährung von Arbeitsentgelt (Monatsentgelt und freiwillige Bonuszahlungen) an freigestellte Betriebsräte, die die Zahlungen an die betriebsverfassungsrechtlich zutreffenden Vergleichsgruppen erheblich überstiegen. VW hatte die Betriebsräte in deutlich höhere, dem „Management-Kreis“ vorbehaltene Entgeltgruppen umgestuft und damit freiwillige Bonuszahlungen von jährlich 80.000 € bis 560.000 € je Betriebsrat gezahlt. Das LG hatte die Manager freigesprochen und darauf verwiesen, dass zwar der objektive Tatbestand einer Untreue erfüllt sei, die Manager aber nicht vorsätzlich gehandelt hätten. Hier setzt der BGH an und fordert das LG in dem neuerlichen Verfahren auf, die Beweiswürdigung zum Vorsatz der Angeklagten neu durchzuführen (Urteil vom 10.01.2023 – 6 StR 133/22).
Seit dem Urteil des 6. Strafsenats herrscht in vielen Unternehmen und bei den betroffenen Betriebsräten große Rechtsunsicherheit. Einige Arbeitgeber haben bereits begonnen, die Entgelte ihrer Betriebsratsmitglieder zu kürzen, weil sie anderenfalls eine Strafbarkeit wegen Untreue befürchten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Mai eine Expertenkommission eingesetzt, die noch vor der parlamentarischen Sommerpause Vorschläge für eine Gesetzesänderung unterbreiten soll. Den Vorsitz der dreiköpfigen Kommission hat der Präsident des Bundessozialgerichts, Prof. Dr. Rainer Schlegel. Die weiteren Mitglieder sind die ehemalige Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, und Prof. Dr. Gregor Thüsing, Universität Bonn. Ziel sei es, die Bezahlung von Betriebsräten „fair, nachvollziehbar und rechtssicher“ zu gestalten. Am Prinzip des Ehrenamts soll die Kommission nicht rütteln. Es sei auch nicht ihre Aufgabe, die Vergütung für Betriebsräte auszuweiten oder die Entgelt-Regeln völlig neu zu entwickeln, sagte eine Sprecherin des BMAS.
Fazit
Hier ist ein sehr spannender und strafrechtlich risikoreicher Bereich betroffen, der Unternehmenslenker die Stirn in Falten legen lässt. Wir werden die Entwicklung der Beratungen in der Kommission und etwaige Gesetzesentwicklungen weiter beobachten und Sie informiert halten.