Die Sachgrundbefristung

BAG, Urteil vom 12.6.2024 – 7 AZR 188/23

Die Sachgrundbefristung nach § 14 TzBfG stellt für den Arbeitgeber ein heikles Thema dar. Schließlich ordnet § 16 S. 1 TzBfG für den Fall einer rechtsunwirksamen Befristung an, dass der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Der Arbeitgeber kann dann erst nach Ende der vereinbarten Laufzeit unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis wirksam beenden. Ein besonderer Blick gilt im Rahmen der Befristung deshalb jenen Sachgründen, die in § 14 TzBfG aufgelistet sind und eine Befristung des Arbeitsvertrages rechtfertigen. Das BAG hat sich in seiner Entscheidung vom 12.6.2024 zum Sachgrund der „Vertretung“ (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 TzBfG) geäußert. Dieser Sachgrund rechtfertigt eine Befristung des Arbeitsvertrages in Fällen, in denen der Arbeitgeber einen durch den zeitweiligen Ausfall eines (oder mehrerer) Mitarbeiters entstandenen, vorübergehenden Bedarf an Arbeitsleistung durch die befristete Einstellung eines weiteren Mitarbeiters deckt.

Zum Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten als Paketzusteller bis zum 30.4.2022 befristet als Arbeitnehmer angestellt. Am 23.4.2022 erlitt der Arbeitnehmer einen Arbeitsunfall. Am 25.4.2022 wurde ihm eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt. Auf dieser war vermerkt, dass er „voraussichtlich bis zum 8.5.2022“ arbeitsunfähig sei. Der Arbeitnehmer übermittelte diese Bescheinigung noch am selben Tag dem stellvertretenden Niederlassungsleiter. Am 27.4.2022 unterzeichneten der Arbeitnehmer und der stellvertretende Niederlassungsleiter einen Arbeitsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis vom 1.5.2022 bis zum 28.5.2022 verlängert und befristet wurde. Ursache war, dass sich andere Mitarbeiter in diesem Zeitraum nacheinander wochenweise im Urlaub befanden.

Der Arbeitnehmer war letztendlich infolge seiner Verletzung während des gesamten Zeitraums des befristeten Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig erkrankt, was er durch weitere, jeweils nach Vertragsabschluss vom 27.4.2022 ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegte. Anschließend erhob der Arbeitnehmer Klage und machte die Unwirksamkeit der im Arbeitsvertrag am 27.4.2022 vereinbarten Befristung geltend.

Entscheidung des BAG

Das BAG folgte dem Vortrag des Arbeitnehmers nicht und stellte fest, dass der Arbeitsvertrag aufgrund der vereinbarten Befristung am 28.5.2022 geendet hat. Die Befristung war also wirksam. Nach Auffassung des Gerichts kam es für die Frage der Wirksamkeit der Befristung insbesondere darauf an, ob angesichts der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers überhaupt noch ein Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft angenommen werden konnte. Dieser muss für die Annahme einer wirksamen Befristung nämlich vorliegen. Der Wirksamkeit steht es insofern nicht entgegen, dass der Kläger während der gesamten Dauer des befristeten Arbeitsvertrags arbeitsunfähig erkrankt war und daher tatsächlich keine (Vertretungs-)Tätigkeiten erbringen konnte. Dieser Umstand ändert nämlich nichts daran, dass ein objektiver Bedarf an der befristeten Einstellung zur Vertretung besteht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der Arbeitgeber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewiss sein musste, dass der Vertreter für die gesamte befristete Vertragsdauer eine Vertretertätigkeit nicht auszuführen vermag. Ein solches Wissen konnte dem Arbeitgeber aber insbesondere mit Blick auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 25.4.2022 nicht beigemessen werden.

Fazit

Hätte das BAG anders entschieden und wäre dem Vortrag des Arbeitnehmers gefolgt, wäre der Arbeitgeber gleich in doppelter Weise belastet: Neben den ohnehin negativen Konsequenzen für den betrieblichen Ablauf, die sich aus der Arbeitsunfähigkeit der dringend benötigten Vertretungskraft ergeben, stünden auch noch die Rechtsfolgen der unwirksamen Befristung. Das Urteil des BAG ist deshalb zu begrüßen und stellt eine für diese Fälle angemessene Entlastung des Arbeitgebers, jedenfalls mit Blick auf die Befristung, dar.

Autor

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Maximilian Lachmann