LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.8.2024 – 10 Sa 4/24
Mit der Inflationsausgleichsprämie können Arbeitgeber noch bis Ende dieses Jahres ihren Mitarbeitenden zusätzlich zum regulären Arbeitslohn bis zu 3.000 Euro zahlen. Steuern und Sozialabgaben fallen auf diese Leistung nicht an, weshalb sie für beide Seiten ein attraktives Instrument darstellt. Auch für diese freiwillige Sonderzahlung des Arbeitgebers sind jedoch die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze zu beachten. Hierzu zählt bei kollektiv geleisteten Zahlungen insbesondere der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. An welche Voraussetzungen der Arbeitgeber unter Berücksichtigung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Gewährung der Inflationsausgleichsprämie knüpfen kann, geht aus dem (noch nicht rechtskräftigen) Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 14. August 2024 hervor.
Zum Sachverhalt
Der Kläger war bei der Beklagten seit 1980 als Arbeitnehmer beschäftigt. Im Jahr 2023 war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger bezog in diesem Jahr Krankengeld, aber keine Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber. Im März 2023 zahlte die beklagte Arbeitgeberin an alle Mitarbeitenden eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von jeweils 1.500 Euro netto. Die Zahlung erfolgte ausschließlich an solche Mitarbeitenden, die aufgrund von im Jahr 2023 geleisteter Arbeit bereits Lohnansprüche gegen den Arbeitgeber erworben hatten. Der Kläger fiel nicht in diesen Kreis und erhielt daher keine Inflationsausgleichsprämie. Er machte klageweise einen Anspruch auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie geltend und berief sich dabei auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Entscheidung
Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass dem Arbeitnehmer kein Anspruch auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie zustehe. Eine Ungleichbehandlung könne zwar angenommen werden, diese sei aber sachlich gerechtfertigt. Grundsätzlich dürfe ein Arbeitgeber eine Sonderzahlung an die Voraussetzung knüpfen, dass in dem Zeitraum, für den die Zahlung geleistet wird, Arbeitsleistungen erbracht werden. Arbeitnehmer, die im Jahr 2023 gar keine Arbeitsleistung erbracht und keinerlei Entgeltleistungen erhalten haben, konnten somit wirksam von der Prämie ausgeschlossen werden. Etwas anderes hätte nach Auffassung des Gerichts gegolten, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls teilweise Entgelt für geleistete Arbeit erhalten hätte. Auch bei Bezug von Entgeltleistungen im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG hätte ein entsprechender Anspruch bestanden.
Fazit
Die Entscheidung des LAG ist zu begrüßen und fügt sich in die bisherige Rechtsprechung anderer Instanzgerichte zur Inflationsausgleichsprämie ein. Der Zweck der Inflationsausgleichsprämie besteht darin, die inflationsbedingten Härten für Arbeitnehmer für tatsächlich im aktiven Beschäftigungsverhältnis erbrachte Arbeitsleistung auszugleichen. Dies trifft auf Arbeitnehmer nicht zu, die keine Arbeitsleistung erbracht haben und keine entgeltliche Vergütung vom Arbeitgeber erhalten. Das LAG hat die Revision zugelassen, so dass noch abzuwarten bleibt, ob das BAG die Einschätzung des LAG teilen wird.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BAG vom 12. November 2024 (AZ 9 AZR 71/24). Nach der bisher lediglich verfügbaren Pressemitteilung hat das BAG darin festgestellt, dass eine tarifvertragliche Regelung unwirksam ist, die Arbeitnehmer in der Passivphase ihrer Altersteilzeit vom Bezug einer Inflationsausgleichsprämie ausnimmt. Das BAG sieht hierin eine nicht zu rechtfertigende Schlechterstellung Teilzeitbeschäftigter. Wie sich auch aus der Entscheidung des LAG Baden-Württemberg ergibt, ist in der Praxis bei der Ausgestaltung kollektiv gewährter Sonderzahlungen somit besonderes Augenmerk auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu legen.