Die Einführung von Kurzarbeit durch den Betriebsrat – Eine verrückte Vorstellung!

Das Thema Kurzarbeit ist wieder in aller Munde. Schlägt man den Wirtschaftsteil der Tageszeitungen auf, wird bald jeden Tag davon berichtet.

Was mittlerweile voraussichtlich jedem Arbeitgeber klar ist: Die Einführung von Kurzarbeit setzt entweder eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer oder eine Regelung in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung voraus. Nur, wenn es eine dieser Vereinbarungen gibt, ist der Arbeitgeber überhaupt befugt, einseitig die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers auszusetzen und die Vergütung entsprechend zu reduzieren.

Was auch noch jedem Arbeitgeber einleuchten wird, ist, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Kurzarbeit hat und dass dieses ziemlich umfassend ist. Das ergibt sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Denn dort ist geregelt, dass sowohl die Verlängerung der Arbeitszeit, also Überstunden, aber auch die Verkürzung der Arbeitszeit, also insbesondere Kurzarbeit, der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrates bedarf. Ohne eine Einigung mit dem Betriebsrat oder aber einer Klärung im Rahmen einer Einigungsstelle kann der Arbeitgeber also nicht einseitig handeln.

Was bestimmt vielen Arbeitgebern dagegen nicht bewusst ist: Der Betriebsrat kann auch gegen den Willen des Arbeitgebers seinerseits die Einführung von Kurzarbeit über sein Mitbestimmungsrecht erzwingen. Er hat also im Bereich der Kurzarbeit das Initiativrecht, Kurzarbeit zu verlangen und gegebenenfalls im Wege der Einigungsstelle durchzusetzen. Dass damit in die freie Unternehmerentscheidung des Arbeitgebers sehr stark eingegriffen wird, nimmt das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich hin.

Ist denn eine solche Konstellation überhaupt vorstellbar? Ja! Denn insbesondere in Zeiten von wirtschaftlicher Unsicherheit sind Arbeitnehmervertretungen geneigt, lieber in die Kurzarbeit zu gehen, um Betriebs- und Personalabbaumaßnahmen zu verhindern – letztendlich genau so, wie es sich der Gesetzgeber ursprünglich einmal gedacht hat. Laufen also die Geschäfte nicht so gut, kann es ohne Weiteres sein, dass die Interessen von Arbeitgeber und Betriebsrat auseinanderfallen. Der Arbeitgeber möchte Leerläufe lieber mit Stillstandszeiten in den Griff bekommen, um sich gegebenenfalls für eine größere Personalabbaumaßnahme vorzubereiten. Und der Betriebsrat möchte dem entgegensteuern, in dem er mit der Einführung von Kurzarbeit ein deutliches Signal dafür setzt, dass es sich nur um vorübergehenden Arbeitsausfall handelt und damit betriebsbedingte Beendigungskündigungen „eigentlich“ nicht in Betracht kommen.

Arbeitgeber tun jedenfalls gut daran, diesen Gesichtspunkt bei Gesprächen mit ihren Betriebsräten im Auge zu haben. Die Drohung mit Kurzarbeit, die gegebenenfalls als Verhandlungsmittel eingesetzt wird, kann schnell in der Form zum Boomerang werden, dass der Betriebsrat hierauf eingeht, sie sogar erzwingen will, um damit weiteren Personalmaßnahmen des Arbeitgebers jedenfalls gewisse Hürden in den Weg zu stellen.

Expertin

Dr. Kerstin Reiserer - RBL - Reiserer Baade Lachmann Arbeitsrecht
Dr. Kerstin Reiserer