WhatsApp Nachrichten als taugliches Beweismittel?

Eine jüngst veröffentlichte Entscheidung des LAG Bremen vom 7.11.2023 (1 Sa 53/23) hat unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Denn führt man sich einmal den Sachverhalt vor Augen, gleicht dieser einem (schlechten) Krimi. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass sich dieser in einer Strafrechtskanzlei abspielte. Die drei “Tatorte” lauten: Beweisverwertungsverbot, Urlaubsabgeltung und Lohnaufrechnung. Was war passiert?

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Die klagende Arbeitnehmerin hatte sich gleich mehrere Dinge zu Schulden kommen lassen: Entwendung eines 50€ Scheins zu Lasten einer Kollegin, Erwirkung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen, Zugänglichmachung der Kanzleiräume für unbefugte Dritte und die Auszahlung von zu viel Gehalt (natürlich an sich selbst). Außerdem hatte der Arbeitgeber in ihrer Schreibtischschublade kleine Plastiktüten („𝘪𝘯 𝘥𝘦𝘯𝘦𝘯 𝘴𝘪𝘤𝘩 𝘯𝘶𝘳 𝘋𝘳𝘰𝘨𝘦𝘯 𝘣𝘦𝘧𝘶𝘯𝘥𝘦𝘯 𝘩𝘢𝘣𝘦𝘯 𝘬ö𝘯𝘯𝘦𝘯“) sowie diverse weitere Tabletten gefunden.

Teile der Vorwürfe ergaben sich dabei aus dem Inhalt von WhatsApp-Nachrichten der Arbeitnehmerin. Diese hatte der Arbeitgeber auf dem Arbeitsplatzrechner einsehen können, den die Arbeitnehmerin (unbefugter Weise) für private WhatsApp-Korrespondenz genutzt hatte.

Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine fristlose Kündigung aus, die Arbeitnehmerin wehrte sich hiergegen und verlangte zudem die Abgeltung von 15 nicht gewährten Urlaubstagen. Der Arbeitgeber erklärte bezüglich der Abgeltungsforderung die Aufrechnung gegen die ihm zustehende Lohnrückzahlung.

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Das LAG Bremen hielt die Kündigung für wirksam. Zwar konnten die WhatsApp-Nachrichten keine Berücksichtigung finden, jedoch konnte der Nachweis für den Diebstahl auf anderem Wege erbracht werden.

Zum Beweisverwertungsverbot hielt das LAG fest: Der Arbeitgeber hat bewusst die private WhatsApp-Korrespondenz der Arbeitnehmerin auf Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen kontrolliert. Dies stellte einen schwerwiegenden Eingriff in den Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmerin dar. Die Nachrichten durften daher im Prozess nicht berücksichtigt werden. Zu seinem Glück konnte der AG allerdings die beklaute Kollegin als Zeugin benennen, welche das Gericht für glaubwürdig hielt.

Die anschließende Interessenabwägung zwischen Kündigungs- und Beschäftigungsinteressen der Beteiligten führte das Gericht ordentlich aus, auch wenn es wohl reine Formsache war. Aufgrund des Diebstahls war das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört und die fristlose Kündigung gerechtfertigt.

Doch auch die Arbeitnehmerin trug einen kleinen Sieg davon, denn ihr wurde der Abgeltungsanspruch zugesprochen und eine Aufrechnung mit der Forderung des Arbeitgebers abgelehnt. Diesbezüglich verwies das LAG auf Ausführungen des LAG Hamm aus denen hervorgeht, dass der Arbeitgeber nur gegen den Nettolohnanspruch des Arbeitnehmers aufrechnen kann, nicht aber gegen den Bruttolohnanspruch.

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Hinsichtlich des Beweisverwertungsverbots privater Chats ist die Entscheidung konsequent und schließt an die geltende Rechtsprechung an. Arbeitgeber sollten daher sicher gehen, dass sie auf hinreichende, verwertbare Beweise für die der Kündigung zugrundeliegenden Tatsachen zurückgreifen können und dürfen.

Wichtig ist auch die Entscheidung hinsichtlich der Aufrechnungsmöglichkeiten des Arbeitgebers. Grundsätzlich kann gegen Arbeitseinkommen aufgerechnet werden, aber nur, wenn es sich um Nettolohnansprüche handelt. Auf dieses Detail sollte unbedingt geachtet und nicht der Fehler gemacht werden, gegen Bruttolohnansprüche aufzurechnen.

Autorin

RBL-Reiserer-Baade-Lachmann-Arbeitsrecht-Johanna-Tormaehlen-Rechtsanwaeltin
Johanna Tormählen