Die Integration von Kryptowährungen in das Arbeitsverhältnis ist ein spannendes und zugleich komplexes Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt. Neben den Chancen, die diese digitalen Währungen bieten, gibt es auch zahlreiche rechtliche und praktische Herausforderungen, die sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer berücksichtigen müssen. Dabei sind zum aktuellen Zeitpunkt noch viele Fragen ungeklärt. Neue Antworten liefert ein Urteil des LAG Baden-Württemberg (10.4.2024 – 19 Sa 29/23). Das Gericht befasste sich mit der Auszahlung von Provisionen in Kryptowährung.
Sachverhalt
Eine klagende Arbeitnehmerin hatte darauf bestanden, ihre Provisionen in der Kryptowährung Ether ausgezahlt zu bekommen, wie es in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart war. Per What‘s App-Nachricht vom 12. Dezember 2019 machte die Klägerin Provisionen in der Kryptowährung ETH für den Zeitraum von September bis November 2019 geltend. Mit E-Mail vom 3. August 2020 schlug die Klägerin vor, eine zeitnahe ETH Provisionsabrechnung vorzunehmen „bevor der Preis steigt“ und teilte eine Woche später die Adresse des für die Übertragung erforderlichen Wallets mit.
Das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des 31. Dezember 2021. Erst mit der letzten Gehaltsabrechnung für Dezember 2021 rechnete die Beklagte Provisionsansprüche der Klägerin i.H.v. 15.166,16 € brutto ab und zahlte den sich ergebenden Nettobetrag – also in Euro – aus.
Mit der Klage verfolgte die Arbeitnehmerin das Ziel, die Provision in der vereinbarten Form als Kryptowährung zu erhalten. Das Gericht entschied zu ihren Gunsten und verpflichtete das Unternehmen, die Provisionen in Ether zu zahlen. 19,194 Ether-Einheiten (das entspricht derzeit 58.819,63 €) muss die Firma nun an ein von der Klägerin zu bezeichnendes Wallet übertragen.
Rechtlicher Hintergrund
Die Nutzung von Kryptowährungen im Arbeitsverhältnis berührt einige rechtliche Bereich, die hinreichend berücksichtigt werden müssen. Zunächst muss klar im Arbeitsvertrag festgelegt sein, dass ein Teil des Gehalts oder der Provisionen in Kryptowährungen ausgezahlt wird. Ohne eine solche Vereinbarung könnte es zu rechtlichen Streitigkeiten kommen. Dabei muss der Arbeitnehmerschutz gewährleistet sein, das heißt, dass der Wert der Kryptowährung stabil sein sollte, um sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer nicht benachteiligt wird. Daneben ist auch an Datenschutz und Sicherheit zu denken, denn die Nutzung von Kryptowährungen erfordert besondere Sicherheitsmaßnahmen, um den Schutz der digitalen Wallets und Transaktionen zu gewährleisten. Daneben dürfen steuerliche Aspekte nicht übersehen werden.
Entscheidung des LAG
Mit noch wesentlichen Fragen beschäftigte sich das hier vorliegende Urteil des LAG.
Antrag auf die Zahlung von Kryptowährung
Der Antrag der Klägerin war zutreffend auf „Übertragung von Ether-Einheiten“ gerichtet. Das „Wallet“ sei vergleichbar zu einem normalen Bankkonto, welches der Gläubiger zu benennen hat. Der Antrag war dabei trotz Kursschwankungen auch bestimmt genug i. S. v. § 253 ZPO. Die starken Kursschwankungen bei Kryptowährungen stünden dem nicht entgegen, denn auch klassische Währungen unterlägen diesen in gewissem Maße.
Kryptowährung als Arbeitsentgelt
Die viel wichtigere Frage war jedoch, ob die Provision überhaupt in Ether ausgezahlt werden durfte. Grundsätzlich ist Arbeitsentgelt – also auch eine Provision – in Euro zu zahlen, vgl. § 107 Abs. 1 GewO. Dem entspreche die Vergütung in Kryptowährungen zwar nicht, so das LAG. Es handele sich jedoch um einen Sachbezug, der als Teil des Arbeitsentgelts vereinbart werden könne, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspreche.
Allerdings ist dabei die Grenze der Pfändbarkeit zu beachten. Die Sachbezüge dürfen den pfändbaren Teil des Entgelts nicht übersteigen. Der unpfändbare Teil des Entgelts sei daher in Geld auszuzahlen.
Im Übrigen besteht der Anspruch der Klägerin auf die Provisionen durch Übertragung der ETH-Einheiten, die den in Eurobeträgen errechneten Bruttoprovisionsansprüchen entsprechen.
Zeitpunkt der Umrechnung
Doch welcher Zeitpunkt ist der für die Umrechnung entscheidende? Auch diese Frage beantwortete das LAG: Ausschlaggebend ist der jeweilige Fälligkeitszeitpunkt, d.h. hier das Ende des nachfolgenden Monats nach § 87c HGB. Aus der Fälligkeitsregel folge der für die Umrechnung maßgebliche Zeitpunkt.
Dies erklärt die starke Abweichung zwischen den vom Arbeitgeber errechneten Provisionsansprüchen (15.166,16 €) und dem Wert dem 19,194 ETH heute entsprechen (58.819,63 €). Der Einwand des Unternehmens, ihm werde dadurch das Risiko von Kursschwankungen aufgebürdet, überzeugte nicht. Schließlich kenne man das Geschäft und die damit verbundenen Risiken.
Schlussfolgerungen und Fazit
Als erstes Land der Welt hat Neuseeland zum 1. September 2019 den Krypto-Lohn eingeführt. 2 Jahre später am 7. September 2021 führte El Salvador Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel ein. Auch in Deutschland hat das Thema an Fahrt aufgenommen. So argumentierten beispielsweise Arnold und Winzer dafür, dass die Auszahlung eines Teils des Gehalts in Bitcoin als Sachbezug i.S.v. § 107 Abs. 2 GewO möglich sein soll. Auch das LAG Baden-Württemberg hat sich auf diese und vergleichbare Quellen in der Literatur berufen.
Kryptowährungen gewinnen zunehmend an Bedeutung und sollte dementsprechend auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt Einzug erhalten. Das Urteil stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Arbeitswelt 4.0. dar.