Schadensersatz wegen Nichterfüllung des DS-GVO-Auskunftsanspruchs

ArbG Oldenburg, Teilurteil vom 09.02.2023 – 3 Ca 150/21

Nachdem sich Madelaine Isabelle Baade und Christa Hagen im letzten Newsroom-Beitrag bereits mit dem bei Datenschutzverstößen drohenden Bußgeld nach Art. 83 DS-GVO befasst haben, dreht sich dieser Beitrag um den Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO. Anlass hierzu bietet ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts (ArbG) Oldenburg, das dem Kläger einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.000 € gegen seine ehemalige Arbeitgeberin zugesprochen hat.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten zunächst als Geschäftsführer, dann als Vertriebsleiter angestellt. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses machte der Kläger gegenüber seiner ehemaligen Arbeitgeberin einen Anspruch aus Art. 15 Abs. 1 DS-GVO gerichtet auf Auskunft über die von ihr verarbeiteten, den Kläger betreffenden personenbezogenen Daten geltend. Darüber hinaus forderte er eine Kopie dieser Daten nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO. Die ehemalige Arbeitgeberin verweigerte zunächst die Erfüllung beider Ansprüche und legte erst im Zuge des Rechtsstreits rund 20 Monate später einzelne Dokumente vor. Sodann machte der Kläger für die Monate der Nichterfüllung seiner Ansprüche darüber hinaus immateriellen Schadensersatz in Höhe von 500,00 €, insgesamt also 10.000 €, monatlich klageweise geltend.

Entscheidung des ArbG Oldenburg

Das ArbG Oldenburg gab dem Kläger Recht und sprach ihm Schadensersatz in Höhe von 10.000,00 € zu. Gemäß Art. 12 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO hätte die Beklagte die begehrte Auskunft innerhalb eines Monats erteilen müssen. Diese Monatsfrist habe die Beklagte nicht eingehalten. Da bereits diese Verletzung der DS-GVO für sich betrachtet zu einem zu kompensierenden immateriellen Schaden führe, habe der Kläger zur Höhe des entstandenen Schadens auch keine näheren Angaben machen müssen. Dies wiederum führte das Arbeitsgericht unter Berufung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auf den präventiven, der Abschreckung dienenden Charakter des Schadensersatzanspruchs aus Art. 82 Abs. 1 DS-GVO zurück. Angesichts des Umfangs des Auskunftsanspruches sowie der langen Zeit der Nichterfüllung sei der Betrag von insgesamt 10.000,00 € auch angemessen.

Hintergrund und Praxishinweise

Gemäß Art. 15 Abs. 1 DS-GVO hat eine betroffene Person Anspruch auf Auskunft über die sie betreffenden verarbeiteten personenbezogenen Daten gegen den datenschutzrechtlichen Verantwortlichen. Darüber hinaus gewährt Art. 15 Abs. 3 DS-GVO einen Anspruch auf eine Kopie der verarbeiteten Daten. Beide Ansprüche sind nach Art. 12 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO unverzüglich, nach Satz 2 aber grundsätzlich spätestens innerhalb eines Monats zu erfüllen. Handelt es sich um eine besonders komplexe Auskunft oder gebietet es die Anzahl der Anträge, so kann die Frist nach Art. 12 Abs. 3 Satz 2 DS-GVO ausnahmsweise um weitere zwei Monate verlängert werden. In diesem Fall ist der Anspruchsteller hierüber unter Angabe von Gründen zu unterrichten. Demgegenüber können gemäß Art. 12 Abs. 5 Satz 2 DS-GVO offenkundig unbegründete oder exzessive Anfragen abgelehnt oder gegen ein Entgelt beantwortet werden.

Verstöße gegen diese Vorschriften können schließlich dazu führen, dass der Betroffene einen Schadensersatzanspruch gegen den Verantwortlichen nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO erwirbt. Ob bei einem Verstoß gegen das Auskunftsverlangen allerdings – der Ansicht des ArbG Oldenburg entsprechend – ein immaterieller Schaden zu unterstellen und entsprechenden Schadensersatz zuzusprechen ist, wird selbst innerhalb der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet. So wird auch vertreten, dass es – dem Grundsatz entsprechend – hierfür einer hinreichenden Darlegung des konkret entstandenen Schadens bedarf. Endgültige Klarheit könnte wohl nur eine entsprechende Vorlage beim EuGH bringen, dessen Entscheidung allerdings noch aussteht.

In der Praxis ist – insbesondere im Kontext von streitig endenden Arbeitsverhältnissen – eine Zunahme der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs zu beobachten, die wohl mitunter dazu erfolgt, den ehemaligen Arbeitgeber zu provozieren oder gar die eigene Verhandlungsposition bei Abfindungsverhandlungen zu verbessern. Im Hinblick hierauf und angesichts der noch bestehenden Unsicherheiten ist Arbeitgebern zu raten, das Bestehen von Auskunftsansprüchen genau zu prüfen und dabei die gesetzlichen Fristen ernst zu nehmen.

Fazit

Ob das datenschutzfreundliche Urteil des ArbG Oldenburg Rechtssicherheit im Hinblick auf die im Einzelnen umstrittenen Fragen betreffend den Umfang und die Reichweite des Auskunftsanspruchs sowie des Schadensersatzanspruchs bei entsprechenden Datenschutzverstößen bietet, erscheint fraglich. Denn es darf nicht verkannt werden, dass es keinesfalls der ständigen Rechtsprechung entspricht, dass ein Datenschutzverstoß automatisch zur Annahme eines immateriellen Schadens und einem entsprechenden Ersatzanspruch führt. Über die weiteren Entwicklungen in der Rechtsprechung – insbesondere die Vorabentscheidung des EuGH – halten wir Sie selbstverständlich in unserem Newsroom auf dem Laufenden.

Autorin

Madelaine-Isabelle RBL-Reiserer-Baade-Lachmann-Arbeitsrecht
Dr. Madelaine Isabelle Baade