Arbeitnehmer weigert sich eine rote Arbeitshose zu tragen – Kündigung rechtmäßig?

LAG Düsseldorf (21.5.2024, 3 SLa 224/24)

Das Weisungsrecht nach § 106 GewO gestattet es dem Arbeitgeber, eine Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts vorzunehmen. Doch wie weit reicht das Weisungsrecht des Arbeitgebers und muss ein Arbeitnehmer gegebenenfalls sogar einer Kleiderordnung des Arbeitgebers nachkommen, obwohl es nicht seinem ästhetischen Empfinden entspricht? Und kommt bei entsprechender Weigerung des Arbeitnehmers sogar eine Kündigung durch den Arbeitgeber in Betracht? Das LAG Düsseldorf setzte sich erst kürzlich mit diesen Fragen auseinander und entschied über die Wirksamkeit einer Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen einer roten Arbeitsschutzhose und anschließender ordentlicher Kündigung bei entsprechender Weigerung durch den Arbeitnehmer.

Sachverhalt

Der Kläger war seit Juni 2014 bei der Beklagten, einem Produktionsbetrieb, als Mitarbeiter im Produktionsbereich tätig. Ein Betriebsrat bestand nicht. Die betriebliche Kleiderordnung der Beklagten sah für Tätigkeiten im Bereich der Montage, Produktion und Logistik das Tragen von roten Arbeitsschutzhosen vor, die vom Betrieb gestellt wurden. Entgegen der Kleiderordnung erschien der Kläger im Oktober sowie im November 2023 mehrfach in einer (privaten) schwarzen Hose, was zu der Aussprache von zwei Abmahnungen führte. Trotz wiederholter Aufforderungen und Personalgesprächen widersetzte sich der Kläger der Kleiderordnung, was am 27. November 2023 eine ordentliche Kündigung zur Folge hatte. Der Kläger erhob im Anschluss Kündigungsschutzklage und berief sich dabei auf sein ästhetisches Empfinden und bestritt, dass das Tragen einer roten Arbeitshose einen Beitrag zum Arbeitsschutz leisten würde.

Entscheidung

Bereits das Arbeitsgericht Solingen wies die Klage erstinstanzlich ab und auch die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Die 3. Kammer des LAG Düsseldorf bestätigte insoweit, dass ein Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts aus § 106 GewO berechtigt ist, die Farbe der Arbeitskleidung festzulegen, solange hierfür sachliche Gründe vorliegen. Da das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers aus Art. 2 GG betroffen war, wenn auch nur in der weniger schutzwürdigen Sozialsphäre (BVerfG vom 06.11.2019 – 1 BvR 16/13), galt es eben solche betrieblichen Belange entsprechend darzulegen. Die Beklagte berief sich hierbei einerseits auf Erwägungen der Corporate Identity. Das Tragen von roten Arbeitshosen fördere ein einheitliches Erscheinungsbild und die Wiedererkennung im Betrieb, da auch der Firmenschriftzug seit mehreren Jahren in roter Farbe geführt wird. Andererseits berief man sich auf den maßgeblichen Aspekt der Arbeitssicherheit. Rot stelle eine Signalfarbe dar. Der Kläger war unter anderem in Produktionsbereichen tätig, in denen Gabelstaplerverkehr herrschte. Um Arbeitsunfällen proaktiv entgegenzuwirken und die allgemeine Sicherheit im Betrieb zu erhöhen, lag es im Interesse des Arbeitgebers, die Sichtbarkeit der Arbeitnehmer sicherzustellen. Dies entspricht vor allem dem Schutzzweck der §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 1, 3, 5, 7 ArbSchG.

Die Argumentation des Klägers stand mit seinem vorausgegangenen Verhalten im Widerspruch, denn der Kläger trug jahrelang eine rote Arbeitshose, ohne entsprechende Bedenken zu äußern. Erst nach der Bekanntgabe der Neufassung der Hausordnung der Beklagten weigerte er sich vehement, eine rote Arbeitshose zu tragen. Seine Ausführungen zum „ästhetischen Empfinden“, dass ihm die Farbe rot schlicht nicht gefalle, konnten vor Gericht nicht überzeugen. Vielmehr trug er die rote Arbeitshose „aus Prinzip“ nicht mehr. Im Rahmen der Interessenabwägung überwog daher das Interesse des Arbeitgebers an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das LAG Düsseldorf stellte zudem klar, dass die beharrliche Weigerung des Klägers, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, bereits eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne.

Fazit

Kleiderordnungen sind in Betrieben längst keine Seltenheit mehr. Daher ist nur folgerichtig, dass sich die Rechtsprechung bereits in diversen Urteilen mit ihrer Zulässigkeit auseinandergesetzt hat. Da ein Eingriff in die Grundrechte der Mitarbeiter häufig nahe liegt, bieten Kleiderordnungen ein hohes Konfliktpotential. Der vorliegende Fall erlaubt recht zügig den Schluss, dass keine diffizile Ausnahme von der bisherigen Rechtsprechungslinie vorliegt. Dennoch ist das Urteil ausgesprochen praxisrelevant.

Denn gleichwohl die Argumente der Corporate Identity und der Arbeitssicherheit keine Neuerungen im Kontext von Hausordnungen darstellen, sollte mit Spannung beobachtet werden, welche Argumentationen der Arbeitgeberseite die Gerichte zukünftig überzeugen werden. Dabei sollten Arbeitgeber stets darauf achten, den Wortlaut von Hausordnungen entsprechend der verfolgten Motive zu gestalten, um jegliche Unterstellung der Willkür abwehren zu können. Das Urteil könnte aus Sicht der Arbeitnehmenden eine eher mahnende Wirkung haben. Ästhetische Empfindungen überzeugen bei schwacher Darlegung nur schwer. Zumindest können sie immer relevanter werdenden Faktoren wie der Corporate Identity eines Unternehmens, nicht standhalten. Letztlich erscheinen die Schwellen für eine rechtmäßige Kündigung aus Sicht des Arbeitgebers überwindbar.

Autor

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Maximilian Lachmann